Zeitformen in wissenschaftlichen Arbeiten

Viele Studierende sind sich unsicher, welche Zeitform in ihrer wissenschaftlichen Abschlussarbeit zu wählen ist. Der Großteil der Bachelor-, Diplom- oder Masterarbeit sollte im Präsens (Gegenwart) geschrieben sein. An anderer Stelle ist das Präteritum (Mitvergangenheit), Perfekt (Vergangenheit) oder Futur (Zukunft) die richtige Wahl. Dabei gilt es zu beachten, dass im Theorie- und Praxisteil teilweise unterschiedliche Zeitformen verwendet werden müssen. Die Besonderheiten von Abstract, Einleitung, Theorie- und Methodenteil sowie der Darstellung der Ergebnisse und des Fazits sind im Folgenden dargestellt.

 

Was ist die richtige Zeitform im Abtract?

Das Abstract verfasst man grundsätzlich im Präsens (Gegenwart). Werden hingegen vergangene Ereignisse mit Auswirkungen auf die Gegenwart beschrieben, ist das Perfekt (Vergangenheit) zu wählen. Der Unterschied sollte in den folgenden Beispielen deutlich werden:

Beispiele:

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Einfluss des Geschlechts auf die Studienwahl von Studierenden der Universität Wien.

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2017 hat sich die Anzahl der Straftaten erheblich verringert.

 

Welche Zeitform ist in der Einleitung die richtige?

In der Einleitung gilt dasselbe wie im Abstract: Grundsätzlich ist die Zusammenfassung (Abstract) der wissenschaftlichen Abschlussarbeit im Präsens (Gegenwart) zu schreiben. Das gilt vor allem für die Darstellung des Untersuchungsgegenstandes, der Forschungsfragen sowie der Relevanz der Arbeit. Um den Ausgangspunkt zu skizzieren, ist mitunter auch auf vergangene Ereignisse hinzuweisen. In diesem Fall ist das Perfekt die richtige Zeitform.

Beispiele:

Das Ziel der Arbeit ist ein Vergleich der beiden Segmente ‚Mobile Games‘ und ‚Mobile Gambling‘.

Die Mobile-Gaming-Brache hat seit den 1990er Jahren einen kontinuierlichen Aufschwung erlebt.

 

Theorieteil: die richtigen Zeiformen

Im Theorieteil können sowohl das Präsens (Gegenwart) als auch das Perfekt (Vergangenheit) oder Präteritum (Mitvergangenheit) die richtige Zeitform sein. Unter Umständen ist aber das Futur (Zukunft) zu wählen. Wo welche Zeitform im Theorieteil angebracht ist, erläutere ich mit den nachfolgenden Beispielen:

Präsens: bei Definitionen, Theorien etc.

Bei der ‚Conversion Rate‘ handelt es sich um eine Kennzahl aus dem Online Marketing.

In der Theorie des kommunikativen Handelns wird die Bedeutung kommunikativer Handlungen in der postmodernen Gesellschaft abgebildet.

Perfekt oder Präteritum: Hinweis auf Untersuchungen anderer

Meyer et al. (2017) führten eine Untersuchung an 1500 Studierenden der Rechtswissenschaften durch.

Oswald und Moser (2014) fanden heraus, dass berufstätige Mütter einen höheren Stress-Level aufweisen als kinderlose Berufstätige.

Futur: Ereignisse, die in der Zukunft stattfinden

Im zweiten Halbjahr 2020 wird Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft innehaben.

Methodenteil

Während bei der Beschreibung des Untersuchungsgegenstandes und der Beschreibung von Methoden das Präsens (Gegenwart) zu verwenden ist, sollten die Arbeitsschritte der eigenen Untersuchung im Perfekt (Vergangenheit) oder Präteritum (Mitvergangenheit) dargestellt werden.

Beispiele:

Für die vorliegende Untersuchung wurde als Methode das leitfadengestütze Interview gewählt.

Das leitfadengestütze Interview ist eine mündliche Befragung, die einem Leitfaden folgt.

 

Bei der Darstellung der Ergebnisse ist die Vergangenheit die richtige Zeitform

Die eigenen Forschungsergebnisse sollten entweder im Präteritum (Mitvergangenheit) oder im Perfekt (Vergangenheit) beschrieben werden.

Beispiele:

Die Befragung zeigte, dass Arbeitnehmer in mittleren Positionen eine höhere Arbeitszufriedenheit aufweisen als Arbeiter.

Die Hypothese, dass weibliche Studierende eher zu kooperativem Verhalten neigen, konnte nicht bestätigt werden.

 

Fazit: Präsens und Futur

Im Fazit ist das Präsens (Gegenwart) die richtige Zeitform, sofern die Ergebnisse interpretiert werden. Für den Ausblick und Empfehlungen bezüglich zukünftiger Forschungsvorhaben sollte dagegen das Futur (Zukunft) verwendet werden.

Beispiele:

Die Untersuchung zeigt, dass berufstätige Mütter unter einer Doppelbelastung leiden, die sich auf ihre Lebenszufriedenheit auswirkt.

In zukünftigen Studien sollte der Aspekt der Familiensituation mitberücksichtigt werden.

 

Wann ist welche Zeitform richtig?

In wissenschaftlichen Arbeiten sind alle Zeitformen anzuwenden, wenngleich das Präsens (Gegenwart) tendenziell häufiger verwendet wird. Die Wahl der Zeitform hängt vom Kontext ab: Werden Theorien dargestellt, ist das Präsens (Gegenwart) zu verwenden. Bei der Darstellung der Ergebnisse ist hingegen die Vergangenheit (Präteritum oder Perfekt) die richtige Zeitform. Auch das Futur (Zukunft) ist in der Bachelorarbeit oder Masterarbeit zu verwenden: zum Beispiel für den Ausblick am Schluss.

 

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